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John GLÜCKSTADT
(Erarbeitet von ALMUT HOPPE)
Vorbemerkung: Die folgenden Überlegungen zu einer Unterrichtsreihe konkretisieren eine inhaltliche Empfehlung für den Unterricht der Jahrgangsstufen 9/10, wie sie in den Richtlinien des Landes Schleswig-Holstein enthalten ist. Theodor Storms Novelle "Ein Doppelgänger"Die vom 1. Oktober bis 15. Dezember 1886 in sechs Fortsetzungen in der Zeitschrift "Deutsche Dichtung" erschienene Novelle "Ein Doppelgänger" gehört zu Storms Spätwerk. 1) Sie unterscheidet sich insofern von Storms übrigem Novellenschaffen, als hier erstmals das Milieu des Arbeiters im Zentrum steht, unter rein stofflichem Aspekt also ein modernes Thema aufgegriffen wird. Es handelt sich um eine Rahmennovelle, in der ein Erzähler aus einer Erinnerungssituation heraus die zentrale Binnenhandlung präsentiert.
Inhalt:Der Erzähler, ein Advokat aus Norddeutschland, hat sich in Jena in einem Gasthaus einquartiert und macht dort die Bekanntschaft eines Försters aus der Umgebung, den die Sprache des Advokaten an seine aus Norddeutschland stammende Frau erinnert und der daraufhin den Advokaten zu sich ins Forsthaus einlädt. In der Waldeinsamkeit trifft der Erzähler auf eine bürgerliche Familienidylle, die nur dadurch getrübt wird, dass die Frau des Försters, Christine, über einen dunklen Punkt in ihrer Vergangenheit grübelt. Nach ihrer Erinnerung vermeint sie, zwei Väter gehabt zu haben - einen gewalttätigen zu Lebzeiten ihrer Mutter und einen liebevollen nach deren Tode-, laut Kirchenbuch ist dies jedoch ausgeschlossen. Auch der Erzähler kann, obwohl er aus derselben Stadt stammt, der Försterfrau nicht weiterhelfen, erinnert sich jedoch sofort, als der Förster ihn später darüber aufklärt, dass der Vater seiner Frau gemeinhin wegen einer in seiner Jugend verbüßten Zuchthausstrafe John Glückstadt genannt wurde, wovon seine Frau jedoch nichts wisse. Es folgt die erinnerte Lebensgeschichte John Hansens. Der junge John Hansen hat nach seiner Militärzeit Schwierigkeiten, Arbeit zu finden, und lässt sich zu einem Raubüberfall überreden, für den er sechs Jahre im Zuchthaus in Glückstadt einsitzen muss. Nach der Entlassung wird er mit den Vorurteilen der Gesellschaft gegenüber einem Exhäftling konfrontiert. Obwohl er voller guter Vorsätze, arbeitswillig und tüchtig ist, gelingt ihm die Resozialisierung nicht. Er heiratet das Bettelmädchen Hanna, die ebenfalls außerhalb der Gesellschaft steht, und verlebt mit ihr eine kurze glückliche Zeit, in der auch die Tochter Christine geboren wird. Seine Beschäftigungsverhältnisse als Tagelöhner sind jedoch nie von Dauer - auch der ihm wohlgesonnene Bürgermeister kann ihm nicht entscheidend helfen-, so dass die Familie bald an Armut und Hunger leidet. Mit der schlechten wirtschaftlichen Situation einher geht häuslicher Unfriede. Hanna und John, beide temperamentvoll und jähzornig, streiten und schlagen sich, obwohl sie sich nach wie vor sehr lieben. Anlässlich eines besonders heftigen Streites stürzt Hanna so unglücklich, dass sie ihren Verletzungen erliegt. Dies bedeutet den endgültigen Ausschluss Johns aus der Gesellschaft. Sein einziger Lebensinhalt ist fortan Christine, die er nach Kräften liebevoll umsorgt, doch da er immer häufiger ohne Arbeit bleibt, fehlt es meist am Notwendigsten. Zur Katastrophe kommt es, als der Dorfpolizist, der John zusammen mit seinem ehemaligen Komplizen gesehen hat, das Gerücht verbreitet, die beiden planten eine neue Straftat. In äußerster Not beschließt John, für sein hungerndes Kind Kartoffeln zu stehlen. Dabei stürzt er in der Dunkelheit in einen verlassenen Brunnen und verschwindet so auf für die Umwelt ominöse Weise aus dem Städtchen. Die Binnenhandlung endet hier. Was aus Christine wird, erfahren die Leserinnen und Leser erst aus der Rahmenhandlung. Nachdem der Leser so die erinnerte Lebensgeschichte des Vaters der Förstersfrau erfahren hat, findet der Erzähler wieder in die Gegenwart zurück. Er berichtet dem Förster, was er über den Vater seiner Frau weiß, und dieser erzählt es später seiner Frau, die nunmehr ein realistisches Bild ihres Vaters mit allen Vorzügen und Schwächen seines Charakters gewinnt. Die quälende Doppelgesichtigkeit des Vaters vereinigt sich zu einem Bild und lässt Christine ihre innere Ruhe finden. Der TitelAn dieser Stelle sei auf die Problematik des Titels verwiesen. In Briefen an Karl Emil Franzos, der Storm um diese Novelle gebeten hatte, nennt Storm verschiedene Titel: "'Der Brunnen' wird es vermutlich heißen", schreibt Storm im Brief vom 5. Juli 1886. (2). Am 11. April 1886 schreibt Storm: "Der Titel ist fast unfindbar; ich nenne es bis auf Weiter: Ein Doppelgänger"(3). Der Titel hat zahlreichen Interpreten Schwierigkeiten bereitet. Einleuchtend erscheint mir die Deutung Grimms, der darauf hinweist, dass es sich bei John Hansen nicht um Doppelgängertum "als Konfrontierung eines Ichs mit seinem Spiegelbild" handelt, sondern um "zwei verschiedene Erinnerungsbilder" bei der Tochter Christine. "Negativbilder bewahren Hansens Tochter Christine, der Oberförster und der das allgemeine Vorurteil der Gesellschaft referierende Erzähler. Positivbilder dagegen Christine und der Bürgermeister"(4).
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Sequenz
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Zählwerk
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Szene
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Inhalt
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1
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00:00:00
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Vorspann
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Musik, Landschaft |
2
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00:01:52
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Gefängnishof
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Hofgang; John und Wenzel unterhalten sich über den missglückten Einbruch |
3 |
00:02:54
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Gefängniszelle
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John und Wenzel reden über Frauen, Arbeit, Auswanderung. Wenzel plant Ausbruch, John macht nicht mit. Wenzel lacht John aus, der auf Resozialisation hofft. |
4
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00:06:34
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Entlassung Johns
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John verlässt optimistisch das Gefängnis, Wärter geht davon aus, dass er rückfällig wird. |
5
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00:07:11
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Wiesen, Allee
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John geht beschwingt über einen alleeartigen Wirtschaftsweg |
6
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00:07:32
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Nächtliche Straße in der Stadt
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Zwei Männer bringen den betrunkenen John auf die Straße. Michel hilft John, der erzählt, dass er sechs Jahre auf See war. |
7
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00:10:30
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John und Michel in einer Scheune
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Sie trinken Wein, teilen sich eine Zigarre. John erzählt, dass der Bürgermeister ihm Arbeit verschafft habe. Michel spricht von seiner Krankheit, fragt nach Johns Südsee-Erlebnissen. |
8
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00:13:26
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Büro des Gendarmen
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Gendarm nimmt Johns Personalien auf, unterstellt John, dass er rückfällig wird, erzählt, dass Wenzel wieder im Gefängnis ist und fordert John auf, sich regelmäßig zu melden. |
9
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00:14:42
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Wäscherinnen am Fluss
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Frauen, unter ihnen Hanna, beim Wäschewaschen. John bringt Wäsche vom Bürgermeister. Erste Begegnung zwischen Hanna und John. |
10
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00:18:09
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Feld
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John geht Wache auf dem Feld, überrascht Hanna beim Kartoffelstehlen. Hanna verführt John, als er einen vorgetäuschten Bienenstich aussaugen soll. |
11
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00:20:16
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John und Hanna in der Kate
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John erzählt stolz , dass er mit seiner Arbeit zufrieden ist, Hanna spricht vom bevorstehenden Zichorienfest. John ist deprimiert, da auf dem Feld auch Frauen aus dem Gefängnis arbeiten. Hanna und John beschwören ihre Liebe als Schutz gegen die feindliche Umwelt. |
12
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00:21:59
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Straße vor dem Rathaus
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Michel kommt vom Bürgermeister und erzählt John, dass er wegen seiner Krankheit keine Arbeit bekommt. |
13
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00:22:32
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Büro des Bürgermeisters
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Bürgermeister ermahnt John, sein Verhältnis mit Hanna zu legalisieren. Das Leben in der Gemeinschaft verlange Einhalten bestimmter Regeln. John fragt nach Arbeit nach der Erntezeit. Apotheker Brandes kommt, John wird vom Bürgermeister abgeschoben. |
14
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00:23:54
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Gasthaus
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Honoratioren der Stadt sitzen zusammen, Bürgermeister verteidigt John gegen Vorurteile. Diskussion über einen Zeitungsartikel zum Thema Reisigsammeln. Bürgermeister verweist auf ungerechte Besitzverhältnisse als Ursachen für soziale Unruhen. |
15
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00:28:00
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Zichorienfest
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John und Hanna haben geheiratet, Hanna ist schwanger. Wahrsagerin sagt dunkle Zukunft voraus. Bürgermeister hält Rede, tanzt mit Küster-Marieke, spendiert Freibier. John leert Bierglas in zwei Zügen. |
16
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00:34:34
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Kate
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Hanna liegt in den Wehen, schickt John zu Mutter Grieten, der Hebamme. |
17
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00:34:50
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Straße, Haustür der Hebamme
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John läuft zur Hebamme. Hebamme zeigt John deutlich ihre Geringschätzung. |
18
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00:35:56
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Kate
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Hanna bringt ihre Tochter Christine zur Welt, beißt Nabelschnur durch. Hebamme kommt, rügt, dass nichts besorgt wurde, und schickt John zum Einkaufen. |
19
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00:37:40
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Gärtnerei
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Neuer Verwalter berichtet John vom Tod des Senators und entlässt ihn, da er ein Ex-Häftling ist. |
20
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00:38:31
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Büro des Gendarmen
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John kommt seiner Meldepflicht nach. Gendarm unterstellt als Grund für die Entlassung Johns, dass er sich etwas habe zuschulden kommen lassen. |
21
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00:39:29
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Am Meer
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John steht am Meer, trinkt, wirft die Flasche auf die Steine. |
22
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00:39:48
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Kate
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Hanna sitzt nähend am Tisch, bringt das schlafende Kind weg, als John kommt. Erster Streit, der jedoch versöhnlich endet. Hanna ermutigt John, noch einmal zum Bürgermeister zu gehen. |
23
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00:42:11
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Büro des Bürgermeisters
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Ratloser Bürgermeister schlägt John vor auszuwandern. John folgt dem Ratschlag nicht, weil er sein Vergehen für gesühnt hält und Hanna du Christine nicht die Heimat nehmen will. Der Bürgermeister will versuchen, John beim Deichbau unterzubringen. |
24
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00:44:29
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Am Deich
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Männer, unter ihnen John und Michel, beim Deichbau. Michel bricht unter der schweren Arbeit zusammen und wird entlassen. Als John sich für ihn einsetzt, wird er auch entlassen. |
25
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00:46:23
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Nächtliche Straße
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John von hinten, vermutlich angetrunken, Bürgerpaar begegnet ihm. |
26
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00:46:44
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Kate
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Hanna wartend am Tisch, Christine schläft. John kommt nach Hause und fordert aggressiv sein Essen. Als Hanna ihm seine Arbeitslosigkeit und das vertrunkenen Geld vorwirft, schlägt John sie erstmals. Dies bringt ihn wieder zu sich, er bittet um Verzeihung und bezeichnet sich als Versager. Hanna räumt eigene Schuld ein, sie versöhnen sich. |
27
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00:50:10
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Kirche
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Hanna sitzt in der Kirchenbank. |
28
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00:50:38
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Straße
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John kommt aus dem Rathaus, die vor ihm gehende Hanna wird von einem Matrosen belästigt. John schlägt ihn nieder. Zwei vorbeikommende Bürger bezeichnen John als gemeingefährlich. John verbietet Hanna das Betteln, Hanna ist resigniert. |
29
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00:52:25
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Büro des Gendarmen
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Personalienfeststellung. Gendarm wirft John schwere Körperverletzung vor, verhöhnt ihn und schickt ihn zum Bürgermeister, der ihn zu sprechen wünsche. Gendarm packt sein Butterbrot aus. |
30
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00:53:39
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Im Rathaus
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John begegnet dem Bürgermeister auf der Treppe. Dieser macht ihm Vorwürfe wegen der Schlägerei und lässt ihn stehen, der einen Termin in Hamburg habe. |
31
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00:54:10
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Kate
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John am Tisch, Hanna zieht Christine an und schickt sie hinaus. John und Hanna werfen sich gegenseitig vor, Schuld an der Misere zu sein. John stößt Hanna von sich, sie fällt an die Ofenkante und stirbt. Christine und der Nachbar Tischler finden John neben der toten Hanna. |
32
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00:58:50
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Büro des Bürgermeisters
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Verhandlung wegen Hannas Tod. Tischler entlastet John durch eine Falschaussage, der Bürgermeister erklärt John für unschuldig am Tod seiner Frau. |
33
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01:00:53
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Straße
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Tischler und John auf dem Heimweg. Tischler sagt, dass er falsch ausgesagt habe, um Christine den Vater zu erhalten, schlägt Johns zum Dank ausgestreckte Hand aus. |
34
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01:02:01
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Kate
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Hanna aufgebahrt im Sarg, John sitzt daneben. Er schickt Christine zum Nachbarn und nagelt den Sarg zu. |
35
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01:03:43
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Am Meer
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John sitzt verzweifelt am Meer. |
36
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01:03:58
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Kolonialwarenladen |
John steht unschlüssig vorm Laden, Wenzel beobachtet ihn. John fragt im Laden nach Arbeit, vergebens. Im Hinausgehen begegnet er dem Apotheker Brandes, der den Händler fragt, was für Gelichter er als Kundschaft habe. Spekulationen über Hannas Tod. |
37
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01:06:02
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Kate
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John mit Hannas Mieder. Küster-Mariken kommt und bietet ihre Hilfe an, wenn er sie aufnehme. Marike verweist auf Verpflichtung ihres ehemaligen Arbeitgebers, sie im Alter zu unterstützen. John lässt Christine entscheiden, ob Marieke bleiben soll. |
38
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01:06:17
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Kate
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John, Christine, Marike beim Essen. Wenzel kommt und will sich bei John einmieten. John weist ihn ab, Mariken wirft ihn hinaus. |
39
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01:11:12
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Straße
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John und Michel begegnen sich, im Hintergrund die Kutsche des Bürgermeisters. Michel hat die Wahrheit über Johns Vergangenheit erfahren und kündigt ihm die Freundschaft auf. Der Bürgermeister schlägt John nochmals die Auswanderung vor, Christine soll in ein kirchliches Heim kommen. Er gibt John eine Liste der für die Überfahrt nötigen Dinge. |
40
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01:13:32
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Kate
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John, Cristine, Mariken am Tisch. John bittet Marike, die Liste des Bürgermeisters vorzulesen. Er schickt Christine ins Bett, gibt ihr Hannas Umschlagtuch zum Wärmen der Füße. Dann nimt er die Axt und verlässt das Haus. |
41
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01:16:05
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Feld
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Wind, Nebel, patroulierender Wächter. John stiehlt Kartoffeln und läuft über das Feld fort. |
42
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01:17:05
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Straße
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John kommt mit den gestohlenen Kartoffeln zurück und trifft Wenzel, der auf ihn gewartet hat. John hat Angst, mit ihm gesehen zu werden. Wenzel will John zum Einbruch im Kolonialwarenladen überreden. |
43
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01:17:43
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Kate
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Nacht, John und Christine im Bett. Gendarmen kommen und bezichtigen John der Komplizenschaft beim Einbruch im Laden. |
44
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01:20:19
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Gasthaus
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Honoratioren wollen John das Sorgerecht für Christine entziehen und Christine in ein Heim geben. Mariken ist krank. |
45
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01:22:03
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Kate
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John sitzt am Tisch, den Kopf auf den Armen; Christine fragt nach Marike. |
46
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01:23:24
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Kate
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Gendarmen holen Christine ins Heim. John verspricht ihr, sie wiederzuholen und mit ihr nach Amerika zu gehen, er beleibt allein zurück. |
47
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01:24:20
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Kolonialwarenladen
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Nacht. John ist eingebrochen, versorgt sich mit Lebensmitteln und etwas Geld. |
48
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01:25:19
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Straße vor dem Kinderheim
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John mit Sack auf dem Rücken und Axt in der Hand vor dem Kind, trinkt und wirft die Flasche an die Mauer. |
49
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01:25:35
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Kinderheim
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John dringt in den Unterrichtsraum ein, fordert den Nonnen Christine ab und verlässt mit ihr das Heim, indem er alle, die sich ihm entgegenstellen, mit der Axt bedroht. |
50
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01:26:41
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Felder
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John geht mit Christine auf dem Rücken über Felder. |
51
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01:27.14
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Hafen
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Schiff, im Hintergrund wartende Menschen. Ein Boot setzt Leute über, sie gehen an Bord, als letzte John und Christine. |
52
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01:29:58
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Abspann
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Interpretation des Films;
Die erste Einstellung des Films zeigt eine durch Wolken brechende Sonne im Zentrum des Bildes, die eine neblige Ebene, vielleicht einen Flusslauf, und Hügel im Vordergrund erhellt. Es bleibt im Film die einzige Szene, in der die Sonne zu sehen ist: erst in der 43. Sequenz spricht Christine, die Tochter von Hanna und John Hansen, über den Himmel als Ort der Verstorbenen. "Dort scheint den ganzen Tag die Sonne", sagt sie gegen Ende des Films, in dem das Diesseits als dunkel, bedrohlich und hoffnungslos gezeigt wird; im Hinblick auf den Film, die Gesamtproblematik und die hier gezeigte Lösung, ist diese erste Einstellung als Metapher der Hoffnung zu deuten.
Erst nach dieser Einstellung präsentiert der Vorspann auf dem Hintergrund der überstrahlten Landschaft die Informationen über den Film.
Der Weite der Landschaft stellt Miehe zu Beginn des Films die Enge des Gefängnisses gegenüber. Mit langen, ruhigen Einstellungen (in 3 Minuten mit nur 2 Schnitten) und mit nur geringen Veränderungen in der Wahl der Bildausschnittsgröße zeigt Miehe die Eintönigkeit im Gefängnis.
Die Enge des Pausenhofs wird durch nach hinten zusammenlaufende Seitenwände, die Senkrechte im Hintergrund und den vorn links stehenden Wächter, der ebenfalls eine Senkrechte bildet, betont. Dieses Bild wirkt durch den Bildaufbau und die langsame Kreisbewegung, die die Gefangenen innerhalb des engen Rahmens beschreiben, sehr statisch. Inhaltlich dient die Einstellung der Einführung der Personen und der Handlung, hier der Vorgeschichte; durch die Änderung des Ausschnitts (von der Totalen zur halbnahen Einstellung) werden zwei Personen herausgehoben und somit vorgestellt. Der Name John wird genannt, und wir erfahren, dass nach dem Plan des zweiten Mannes ein Einbruch verübt worden ist, bei dem John durch die Verschonung des Dieners beide vor dem Galgen bewahrt hat. Die Dunkelheit der Zelle in der nächsten Sequenz unterstreicht die düstere Atmosphäre.
Im schrägen Lichteinfall werden auf John und seinen Begleiter Schattenstreifen geworfen; die Personen der Nebenhandlung werden wie mit einem Punktstrahler aus dem Dunkel herausgearbeitet; dieser Lichteinfall ist im Gegensatz zu dem am Fenster nicht realistisch motiviert; hier wird demonstrativ auf etwas hingewiesen. John und sein Partner stehen zunächst hintereinander, beide sind zum Fenster gerichtet; Licht und Schatten sind gleichmäßig auf sie verteilt; die Licht- und Schattenstreifen führen von links unten nach rechts oben, also aufwärts, was hier Sehnsucht und Hoffnung ausdrücken kann. Als sich im Gespräch unterschiedliche Meinungen ergeben, werden die Personen gegenübergestellt, bis sie bei der Aussprache über ihre unterschiedlichen Auffassungen im Schuss- und Gegenschussverfahren gezeigt werden (00:05:00); damit wird der Gegensatz zwischen ihnen optisch deutlich. Das Lachen des einen Mannes bildet einen Kontrast zum Ernst des anderen. Zwei Gleiche werden also durch filmische Mittel als Gegenspieler gestaltet.
Schon in diesem ersten Dialog, in dem Wenzel John Hansen überreden will, mit ihm auszubrechen, klingt das Amerika-Motiv an.
John Hansen:
Die wandern alle aus in die Neue Welt - nach Amerika. (...)
Wenzel:
Bleib' im Lande und nähre dich redlich: ich will bloß raus hier. Willst du wahnsinnig werden wie der Alte neulich?
John Hansen:
Ich hab nicht mehr lange; 5 von meinen 6 Jahren hab' ich schon hinter mir; den Rest schaff' ich auch noch, dann bin ich frei; dann kann ich gehen, wohin ich will.
Wenzel:
Dann bist du frei?
Mein Onkel Ferdinand, was hat der nicht alles angestellt, um wieder ein anständiger Mensch zu werden; und wie ist es ausgegangen? Er sitzt heute noch in Hameln an der Weser.
John Hansen:
Hör zu Wenzel, dafür gibt es doch die Strafe, dass man damit abbüßt, was man getan hat, das hat der Richter so gesagt ...
Wenzel:
Der Richter, Mann, John, der ist doch nur dazu da, dass er sagt, was in den Büchern steht. Und was steht in den Büchern? Dass einer nur was ist, wenn ihm was gehört. Und wenn sich einer was nimmt, weil er auch was sein will, dann sperren sie ihn ein; und wenn es rauskommt, dann hat er weniger als nichts. Ich sage dir was, als Freund, wenn du einmal hier drin warst, das wirst du nie mehr los. Damit musst du leben, es kommt nur darauf an, wie; pass auf, ich weiß, wie man hier rauskommen kann (...). Machst du mit?
John Hansen:
Nein, Wenzel, ich komme nicht mit: das eine Jahr halte ich auch noch aus; ich will ganz anders leben, wenn ich rauskomme. Ich will 'n neues Leben anfangen.
Diese Sequenz ist ganz von dem Gespräch bestimmt, das inhaltlich und in der Zeichnung der Personen als Gegenspieler den Charakter der Exposition erfüllt. Die Nebenhandlung, (ein Gefangener stiehlt einem anderen ein Stück Brot) unterstreicht und variiert die Thematik des Disputs zwischen Wenzel und John.
In den letzten Sekunden dieser Sequenz setzt die Gitarrenmusik aus dem Vorspann wieder ein; sie verbindet diese Szene mit der folgenden, der Entlassung John Hansens. Da auch bei den folgenden Übergängen von einer Sequenz zur nächsten die Musik wieder erklingt, erhalten die einzelnen Sequenzen schon hier einen strophischen Charakter; Handlungsabschnitte werden isoliert und durch Schwarzblenden getrennt. Die Musik bewirkt den Eindruck des Balladesken. Die Sequenzen sind wie Strophen, die, zusammengehalten durch die wiederkehrende Musik, zu einem Ganzen aneinander gefügt werden.
Das Verfahren erinnert an Bänkelsang und Moritaten; es entsteht ein Gestus des Zeigens. Eine Geschichte von dem Weg und dem Kampf eines Einzelnen wird erzählt, ja vorgeführt; die einzelnen Abschnitte, Strophen markieren wichtige Stationen seines Wegs, seiner mühsam gegen viele Widerstände erreichten Selbstbehauptung.
Die folgenden 30 Stationen könnten Strophen der Ballade sein, die erzählt wird und die noch zu schreiben wäre.
Nachdem im Beginn des Films die Erzählweise als episodisch balladeske bewusst gemacht ist, fordern auch die folgenden, sehr oft durch längere (3 Sekunden dauernde) Schwarzblenden voneinander abgesetzten Bilder dem Zuschauer eine distanzierte Wahrnehmung, Betrachtung und Deutung ab.
Die 5. kurze Sequenz ist vom Bild John Hansens bestimmt, der durch eine Allee geht. Die Allee führt in den Hintergrund des Bildes; zum ersten Mal wird hier im Film eine Perspektive in die Tiefe des Raumes eröffnet.
Die Allee ist als Bild aber durchaus ambivalent; einerseits geht John auf einem geordneten Weg, durch eine von Menschen bewusst gestaltete Landschaft, wobei das Motiv des Weges natürlich symbolisch deutlich belegt ist als "Weg der Tugend", als "neuer Weg" u.ä.; andererseits bleibt bei dieser Allee das Ende dunkel, ein Ziel wird nicht sichtbar. Das Licht bleibt außerhalb der Allee; Hell und Dunkel stehen in starkem Kontrast. Im spannungsreichen Bezug stehen in diesem Bild auch Enge und Weite zueinander. In dieser Sequenz ist also ein wichtiges und vielfältig interpretierbares Bild gestaltet.
Die Sequenzen 6 und 7 schaffen wieder enge dunkle Räume und erinnern auch von der Lichtführung her an das Gefängnis. Am Ende einer langen Einstellung in der 6. Sequenz wird eine weitere handlungstragende Person ins Spiel gebracht, Michel, der zum Freund wird und sich am Schluss von John lossagt.
Im Gespräch mit Michel im Schuppen wiederholen sich Motive aus dem Gespräch mit Wenzel: Frauen, Ferne; (hier: die Südsee), Arbeit; damit wird der inhaltliche Zusammenhang bestärkt. Die Motivwiederholung stellt Zusammenhänge her und bildet damit einen Kontrast zur sonstigen Präsentation der Handlungselemente, denn der Film erzählt stark elliptisch.
Die Handlungselemente der einzelnen Sequenzen fügen sich nicht chronologisch aneinander, der Zuschauer wird mit Sprüngen konfrontiert; so ist zunächst in der 6. Sequenz unklar, worum es überhaupt geht, weil der am Boden liegende John Hansen nicht deutlich zu erkennen ist; die Handlung zwischen dem Gang durch die Allee und dem Liegen am Boden muss aus dem Gespräch zwischen John Hansen und Michel in der 5. und 6. Sequenz erschlossen werden; offenbar hat sich John schon darum gekümmert, Arbeit zu bekommen, und er hat sich in einer Kneipe betrunken.
Eine besondere Art des Erzählens wird deutlich: Die Wiederholung von Motiven schafft Zusammenhänge zwischen durch Sprünge voneinander getrennten Geschehensausschnitten, ja Bildern, die wie Strophen selbständig für sich stehen. Die Musik verbindet diese deutlich als Strophen, Abschnitte, Ausschnitte geformten Teile der Erzählung zu einem Ganzen; dieses Verfahren behält Miehe auch in den folgenden Sequenzen bei. Damit wird von den Zuschauern eine bewusste Art der Wahrnehmung und der Reflexion erwartet. Sie müssen aktiv mitarbeiten, Zusammenhänge herstellen, sie erhalten mit den Schwarzblenden und den langen ruhigen Einstellungen Zeit zur Reflexion: Der Gestus des Zeigens und die damit verbundenen Erwartungen an das Rezeptionsverhalten der Betrachterinnen und Betrachter erinnern an Verfahren von Brechts epischem Theater.
Diese Art des Erzählens lässt jedes einzelne Erzählelement als Baustein oder Mosaikstein einer schon fertigen Geschichte erscheinen; das Einzelbild steht in engem Zusammenhang mit einer schon fertigen Geschichte, von daher ergibt sich so etwas wie Geschlossenheit, Unentrinnbarkeit, Fertigkeit. Das Zwangsläufige, Vorherbestimmte des Geschehensablaufs gewinnt den Charakter eines Modells.
Zur Charakterisierung der Personen setzt Miehe wiederkehrende Attribute ein; bei Michel ist es der häufige Verweis auf seine Krankheit und sein Hüsteln, bei John wird die Flasche Alkohol als Requisite zum charakterisierenden Attribut.
In der 5. und 6. Sequenz wird deutlich, dass Alkohol eine gewichtige Rolle im Leben John Hansens spielt. Die Flasche Alkohol als Attribut der Person John Hansens taucht in verschiedenen weiteren Sequenzen auf, bis sie später durch ein anderes Attribut ersetzt wird: die Axt. Die Charakterisierung durch Attribute (Alkohol und Axt) verbildlicht und unterstreicht die innere Wandlung John Hansens vom Opfer zum selbstbestimmt und selbstbewusst Handelnden.
Mit der 8. Sequenz, der Szene im Büro des Gendarmen, begegnen uns eine Figurenkonstellation und ein Handlungselement, die sich noch zweimal wiederholen (in der 20. und der 29. Sequenz). So wird der Film inhaltlich strukturiert, zugleich wird eine Steigerung bewirkt.
Diese drei Sequenzen führen dem Zuschauer den Gegensatz zwischen John und der Ordnungsmacht vor; von Anfang an, dem 1. expositorischen Gespräch, wird John Hansen als jemand vorgestellt, der die Ordnung der bürgerlichen Gesellschaft und der geregelten Lebensverhältnisse anstrebt.
Im 1. Bild dieser Sequenz, das in seinem Aufbau große Aussagekraft besitzt, werden John Hansen einerseits und der die Ordnung vertretende Gendarm andererseits deutlich voneinander getrennt und gegenübergestellt. Eine Schranke trennt John von dem Schreibtisch, dem Reich der Ordnung, dem Aktenschrank mit den Büchern und den Attributen der Schrift, das der Gendarm repräsentiert und beherrscht.
Der Aktenschrank hinter dem Gendarmen bildet gleichsam einen festen Rahmen, in den der Gendarm eingefügt ist; John Hansen steht vor dem leeren weißen Türrahmen: der eine hat die Macht, die Ordnung, die Akten hinter sich, der andere das leere, weiße Türblatt. Dennoch ist der Gendarm nicht (wie der Kaiser in der "Untertan"-Verfilmung von Staudte) durch die Froschperspektive als mächtig und überlegen gezeigt; es ist ja nicht nötig, den Überlegenen auch filmisch als Überlegenen zu zeichnen: der Gendarm kann auch als Sitzender herablassend sein, wie die Körperhaltung, der Blick, die inhaltliche Aussage und deren Tonfall zeigen. Die Festigkeit des Rahmens verstärkt sich in der 2. Gendarmen-Szene; da wird der Gendarm vollständig von der hinter ihm befindlichen Wand eingerahmt (00:38:32). Diese Umrahmung hat etwas von einer Pathos-Formel; wichtige Figuren (wie später auch der Bürgermeister und John Hansen) werden umrahmt oder unter Bögen gestellt, die die Machtposition unterstreichen.
Die Bedrohung und Verunsicherung John Hansens durch die Ordnungsmacht wird in den folgenden Sequenzen dieses Typs durch eine andere Einstellungsgröße (Großaufnahmen des Gendarms), durch das Anwachsen der Redeanteile des Gendarmen und seine ironische Kommentierung und moralische Wertung verstärkt.
Das Verfahren der Wiederholung inhaltlich ähnlicher Einstellungen wird auch in anderen Bereichen deutlich. So werden zwei Gespräche zwischen John und dem Bürgermeister in dessen Amtszimmer gezeigt, 2 Sitzungen der Honoratioren in der Gaststätte, 2 Aufenthalte am Meer, 3 sich steigernde Szenen häuslicher Auseinandersetzung, 2 Szenen am Tisch (mit Küster-Mariken, John Hansen und schließlich Christine). 2 Szenen, in denen Kartoffeln gestohlen werden. Diese Wiederholungen strukturieren den Film, erleichtern den Zuschauern die Einordnung und weisen auf Wiederholbarkeit und Steigerung hin.
In ihrem sozialen Umfeld, als unverheiratete Wäscherin, wird in einem weiteren Handlungssprung Hanna eingeführt, die weibliche Hauptfigur des Films. Hanna wird durchgehend in hellem Licht gezeigt, in Szenen, in denen die Portraits von John Hansen und Hanna sich gegenüberstehen, kontrastieren Hell und Dunkel sehr stark. Auch in der Dunkelheit der Kate sind Hannas Gesicht und ihre Haare immer hell ausgeleuchtet. Durch die Kleidung Hannas und den Antrag des jungen Bauern wird die Szene erotisch konnotiert; Hannas Aufstiegschancen werden dem Zuschauer durch die Kommentierung der zweiten Wäscherin angedeutet; wie überall im Film ist auch hier eine Motivverflechtung zu beobachten, das Zigeunermotiv aus dem 1. Gespräch zwischen Wenzel und John Hansen wird aufgenommen, es begegnet wieder bei der Hochzeitsfeier, wo eine Zigeunerin Hanna die Zukunft voraussagt. "Ich sehe ganz dunkel, dunkel, ich kann nicht weit sehen bei dir."
Ihr Selbstverständnis artikuliert Hanna mit dem Satz "Ich brauch keinen Hof". Sie kontrastiert mit der nach Ordnung und sozialen Aufstieg strebenden älteren Wäscherin, die Hanna mahnt. Hanna wird also auch von außen bestimmt und bewertet, damit wird sogleich auch bei dieser Figur Distanzierung und Kommentierung deutlich, was das bisher im Film verwendete Verfahren fortführt. Aber Hanna begegnet uns auch als Nachdenkliche in Großaufnahme (00:18:07).
Die Begegnung zwischen John Hansen und Hanna wird durch das Schuss- und Gegenschussverfahren als Beginn einer Liebesbeziehung gestaltet. Dieser erste Blickwechsel steht in Beziehung und im Kontrast zu weiteren Blickwechseln zwischen John Hansen und Hanna. Im weiteren Verlauf der Handlung spiegelt sich die Entwicklung und Veränderung der Beziehung zwischen den beiden, die durch die äußeren Lebensbedingungen stark belastet ist, in ihren Blicken wider. Zügig weitergeführt wird der Handlungsstrang, die Entwicklung der Liebesbeziehung in der folgenden Sequenz, in der die Körpersprache John Hansens ihn schon vor der Liebesszene in der Besitzerrolle zeigt, und zwar in einer neuen Strophe der Ballade, die dieses Mal ohne Schwarzblende, aber mit der leitmotivischen Musik angereiht wird.
Die 3. Etappe in der Beziehung bildet nach dem Blick und der Liebesszene eine Szene in der Kate, bei der eine gewisse Zufriedenheit und Erfüllung zu beobachten ist; John hat Arbeit gefunden, er ist tüchtig und wird gelobt. Als Wächter auf dem Feld ist er Teil von der ihm angestrebten Welt der Ordnung. Hanna hat gekocht und betrachtet John zärtlich. Das Interieur erinnert an holländische Genremalerei und strahlt bescheidene Ruhe aus. Aber auch hier fehlt nicht das Bedrohliche; John Hansen fühlt sich durch ihm untergebene Frauen, die z.T. auch aus dem Gefängnis kommen, an seine Vergangenheit erinnert; wie die 1. Sequenz, das Bild der Allee, der Doppelname John Hansen/John Glückstadt ist auch diese Sequenz von der Spannung zwischen Zufriedenheit und Glück einerseits und Bedrohung und Sorge andererseits bestimmt. Die Spannung wird mit filmischen Mitteln gesteigert, als auf Hannas erklärungsbedürftigen Schlüsselsatz "wenn wir uns lieben, was soll uns schon geschehen (00:21:20)?" im harten Schnitt und bewusstem Kontrast ein dunkles Bild, das kastenförmige Bett, in dem beiden liegen, gezeigt wird, das wiederum Eingeschlossensein, Dunkelheit und Enge signalisiert. Auch auf den kastenförmigen Sarg weist dieses Bild voraus, wobei die Lichtführung deutet und kommentiert; die Liebesszene liegt im Dunkel, Hanna im Sarg ist sehr hell ausgeleuchtet. Der Schlüsselsatz: "Wenn wir uns lieben, was soll uns schon geschehen?" kann als Verweis auf eine Möglichkeit, einen Traum, eine Hoffnung, verstanden werden. Hier könnte sich eine Perspektive in Richtung auf Befreiung aus der Enge zeigen: Der Schlüsselsatz kann aber auch als Irrtum, als falsche Einschätzung der Lage gedeutet werden.
John Hansens Aussage in der Mitte der folgenden 14 Sekunden langen, ruhigen Einstellung "Du bist alles, was ich hab", lässt Zeit zum Nachdenken und zur Beurteilung der Situation der Liebenden.
Die Wiederaufnahme des Bildes vom Kastenbett in der Kate, das zuletzt den Hintergrund für John Hansens Satz "Du bist alles, was ich habe" bildete, wird in der 18. Sequenz mit einer Schwarzblende und einem spitzen Schrei vorbereitet. Hanna bringt ihr Kind zur Welt.
John Hansen wird als stürmisch Bittender, die Hebamme in Untersicht als überlegen Distanzierte gezeigt; die Musik fügt auch diese Episode zur Strophe, zur Etappe auf dem Weg, zum freundlichen Höhepunkt, bevor mit der folgenden Sequenz eine Wende zum Schlechten, zu Niedergang und Verlust beginnt; Entlassung aus der Gärtnerei durch den neuen Verwalter, Meldung beim Gendarmen, Alkoholmissbrauch und Steit mit Hanna sind die Themen der folgenden Sequenzen, die einen Zeitraum von 3 Jahren überbrücken.
Vier Szenen in der Kate zeigen das Verhältnis der beiden zueinander, das als Widerspiegelung der Etappen auf dem Weg John Hansens zur Selbstbehauptung zu deuten ist.
Der an ein holländisches Genrebild erinnernde Innenraum trägt Züge einer Idylle. Dennoch äußert gegen Ende der Szene John düstere Gedanken; es ist Hanna, die ihn ermutigt und ihm gut zuredet.
John Hansen ist verändert, hart; seine Lebensbedingungen haben sich verschlechtert, und Hoffnungslosigkeit führt zu innerer Gereiztheit, deren Opfer Hanna wird. John Hansen erhebt die Hand gegen sie, besinnt sich aber. Hanna ermutigt John in dessen Zerknirschung, es kommt zur Versöhnung.
Nach erneuter Entlassung und erneutem Alkoholmissbrauch entlädt sich der Zorn John Hansens in einem Schlag in Hannas Gesicht. Betroffen und reumütig trägt er sie aufs Bett und klagt sich selbst zerknirscht an. Hanna akzeptiert ihre Opferrolle, es kommt zu Umarmung und Versöhnung.
John Hansen ist vom Bürgermeister abgewiesen, Hanna reizt John, indem sie an das Gefängnis erinnert, John stößt sie von sich, der Sturz führt zu ihrem Tode. Die Drehbewegung, die in dieser Szene durch die Kamerafahrt entsteht, erinnert an Szenen in anderen Filmen, in denen damit die Liebesbeziehung verdeutlicht wird. Hier lässt sich die Drehbewegung inhaltlich vielfältig deuten; als Verlust der Orientierung, als Strudel, in den beide hinabgezogen werden, in ihrer Kreisform als Hinweis auf die Zwangsläufigkeit des Scheiterns einer Liebe unter derartigen Bedingungen.
Insgesamt wird also Hanna in ihrer Schönheit und Güte und in ihrer sanftmütigen Opferhaltung als Versprechen eines glückenden Lebens gezeigt. Als sie selbst gegen diese Grundhaltung verstößt und John provoziert, bewirkt der Stoß, den John gegen sie führt, letztlich ihren Tod. Hanna ist als Frau lichtgestaltige Hoffnungsträgerin, Versprechen auf ein glückendes Leben, und zugleich Opfer
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